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5. Finanzielle Aufwendungen für die Hilfen zur Erziehung

Die Ausgaben für das Arbeitsfeld der Hilfen zur Erziehung sind im Jahre 2021 bei einer leicht steigenden Inanspruchnahme (vgl. Kap. 2.1) weiter gewachsen. Mit einem Plus von 3% entspricht das Wachstum dem im Vorjahr. Mittlerweile werden 11,59 Mrd. EUR (vgl. Abb. 5.2) oder unter Berücksichtigung angrenzender Leistungsbereiche und Maßnahmen, wie beispielsweise der Eingliederungshilfen bei einer (drohenden) seelischen Behinderung oder auch der Inobhutnahmen, etwa 14,05 Mrd. EUR für die entsprechenden Hilfesysteme seitens der öffentlichen Gebietskörperschaften pro Jahr aufgewendet.Ein Grund für den weiterhin steigenden Trend der Ausgaben sind neben der leicht steigenden Inanspruchnahme zusätzliche Mehraufwendungen für den Posten Personal, der den überwiegenden Teil der Ausgaben für Hilfen zur Erziehung ausmacht. Im Jahr 2021 wurden Tarifgehälter erhöht, was sich auf die Gesamtausgaben auswirkt.

19% der Kinder- und Jugendhilfeausgaben sind Aufwendungen für die Hilfen zur Erziehung

Im Jahre 2021 wurden rund 61,97 Mrd. EUR für die Kinder- und Jugendhilfe aufgewendet (vgl. Abb. 5.1). Zwar fließt mit 69% ein Großteil der finanziellen Mittel in den Bereich der Kindertagesbetreuung, gleichwohl folgen darauf die Ausgaben für die Hilfen zur Erziehung einschließlich der Hilfen für junge Volljährige. Ihr Anteil beträgt 19% am Gesamtetat der öffentlichen Gebietskörperschaften für Strukturen und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und entspricht einer Summe von 11,59 Mrd. EUR – eine Größenordnung, die die Bedeutung der Hilfen zur Erziehung und der Hilfen für junge Volljährige als personenbezogene Dienstleistung der Kinder- und Jugendhilfe einmal mehr hervorhebt. Allerdings lässt sich seit 2017 ein leicht rückläufiger Trend des Anteils beobachten, der von 22% im Jahr 2017 um mehr als 3% auf rund 19% gesunken ist.

Für Arbeitsfelder und Handlungsbereiche jenseits der Kindertagesbetreuung und der Hilfen zur Erziehung werden deutlich weniger finanzielle Mittel eingesetzt. Beispielsweise liegt der Anteil der Ausgaben für die Kinder- und Jugendarbeit an den finanziellen Aufwendungen insgesamt bei etwa 3% sowie der für die Jugendsozialarbeit oder auch der für die Förderung der Erziehung in den Familien zwischen 1% und 2% des Gesamtetats.

Abb. 5.1:

Ausgaben für Hilfen zur Erziehung (einschl. der Hilfen für junge Volljährige) im Vergleich zu Aufwendungen für andere Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe (Deutschland; 2021; Angaben in %)

Ausgaben
insgesamt
61,97 Mrd. EUR

1) Ferner werden hierunter Aufwendungen für Beratungsleistungen jenseits der Erziehungsberatung, die gemeinsame Unterbringung von vor allem Müttern mit ihren unter 6-jährigen Kindern, aber auch der erzieherische Kinder- und Jugendschutz gefasst.
2) Einschließlich der Hilfen für junge Volljährige
3) Unter diese Kategorie fallen beispielsweise Aufwendungen im Rahmen der Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten oder den Jugendgerichten, für Aufgaben der Adoptionsvermittlung oder auch Amtspflegschaften und -vormundschaften.
Quelle: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Ausgaben und Einnahmen 2021; Datenzusammenstellung und Berechnungen der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik

11,59 Mrd. EUR Ausgaben für die Hilfen zur Erziehung

Die kommunalen Jugendämter haben im Jahre 2021 11,59 Mrd. EUR für die Hilfen zur Erziehung einschließlich der Hilfen für junge Volljährige aufgewendet (vgl. Abb. 5.2). Damit sind die finanziellen Aufwendungen für Leistungen der Hilfen zur Erziehung sowohl absolut als auch im Verhältnis zur Zahl der jungen Menschen gestiegen:

  • Zwischen 2000 und 2021 sind die Ausgaben um 6,86 Mrd. EUR auf die besagten 11,59 Mrd. EUR gestiegen. Das entspricht über den gesamten Zeitraum betrachtet einer Zunahme von rund 145% (+46% für die erste Dekade von 2000 bis 2010 sowie +69% von 2010 bis 2021; vgl. Abb. 5.2). Im Verhältnis zur Zahl der unter 21-jährigen jungen Menschen haben die sogenannten „Pro-Kopf-Ausgaben“, also die Aufwendungen pro jungem Menschen in der besagten Altersgruppe, im angegebenen Zeitraum von 257 EUR auf 713 EUR zugenommen und haben sich damit um den Faktor 2,8 erhöht (vgl. Abb. 5.2), zwischen 2000 und 2010 sowie von 2010 und 2021 entspricht das einer jeweiligen Zunahme um den Faktor 1,7.
  • Im zweiten Coronajahr 2021 haben die Ausgaben für erzieherische Hilfen um 3% gegenüber 2020 zugenommen. Damit ist das Wachstum im Vergleich zum Zeitraum 2019/2020 gleichgeblieben.
  • Bei Betrachtung der Entwicklung der finanziellen Aufwendungen für die Hilfen zur Erziehung sollte, wie auch die Veränderung der Gesamtausgaben für die Kinder- und Jugendhilfe, die aktuelle sukzessive Umstellung der kommunalen Haushalte von der Kameralistik auf die Doppik bzw. die Regelungen der Länder zum kommunalen Haushaltswesen beachtet werden.2
ABB. 5.2:

Ausgaben für Hilfen zur Erziehung (einschl. der Hilfen für junge Volljährige) (Deutschland; 2000 bis 2021; Angaben in 1.000 EUR sowie pro unter 21-Jährigen)

Methodischer Hinweis: Bei den finanziellen Aufwendungen für die Hilfen zur Erziehung werden die Ausgaben der Kommunen für die Durchführung der Leistungen sowie die einrichtungsbezogenen Aufwendungen des öffentlichen Trägers für eigene Einrichtungen und die Fördergelder an freie Träger mitberücksichtigt. Dies gilt im Besonderen für die Erziehungsberatung und die Einrichtungen der Heimerziehung.
Die Bevölkerungsdaten beziehen sich bis 2013 auf Fortschreibungen mit Basisjahr 1987 und 1990 sowie ab 2014 auf die Fortschreibung des Zensus 2011.
Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Ausgaben und Einnahmen; versch. Jahrgänge; Datenzusammenstellung und Berechnungen der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik

Anstieg der Aufwendungen für Hilfen in allen Leistungssegmenten

Parallel zum Anstieg der finanziellen Aufwendungen hat sich das Arbeitsfeld der Hilfen zur Erziehung in den vergangenen zwei Dekaden auch konzeptionell weiterentwickelt. Es sind Phasen der „Ambulantisierung“, „Familialisierung“, „Flexibilisierung“ oder auch einer zunehmenden Vernetzung zu beobachten.3 Alles in allem zeichnen sich auch vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen die Hilfen zur Erziehung durch heterogene pädagogische Settings aus. Mit Blick auf die Entwicklungen in den letzten Jahren haben sich zwischen 2015 und 2017 die Fallzahlen der Fremdunterbringungen erheblich erhöht. Seit 2017 sind diese wieder rückläufig, während bei den ambulanten Hilfen bis 2019 deutliche Zuwächse zu verbuchen waren. In 2020 fällt der Anstieg bei den ambulanten Hilfen hingegen wesentlich geringer aus als in den Vorjahren, steigt jedoch im zweiten Pandemiejahr wiederum (vgl. Abb. 2.2).4 Vor diesem Hintergrund sind seit dem Jahre 2000 für die erste, zweite und beginnende dritte Dekade des 21. Jahrhunderts folgende Entwicklungen zu beobachten (vgl. Abb. 5.3):

  • Der Anstieg der Ausgaben für die Hilfen zur Erziehung ist insbesondere in den 2000er-Jahren vor allem auf Mehrausgaben im Bereich der ambulanten Leistungen jenseits der Erziehungsberatung zurückzuführen. Seit 2010 und gerade zwischen 2015 und 2017 sind auch die Ausgaben für Vollzeitpflege und insbesondere Heimerziehung (Fremdunterbringungen) deutlich gestiegen und haben stärker zugenommen als die finanziellen Aufwendungen für die ambulanten Leistungen. Nach einem geringen Rückgang 2018 nahmen die Zahlen ab 2019 wieder kontinuierlich zu.
  • Die finanziellen Aufwendungen für die Erziehungsberatungen haben sich zwischen 2000 und 2010 nominal um 19% sowie zwischen 2010 und 2021 um 25% erhöht.
  • Die Ausgaben für die ambulanten Leistungen der Hilfen zur Erziehung haben sich zwischen 2000 und 2010 mit einer Zunahme von 116% mehr als verdoppelt. Im Zeitraum von 2010 bis 2021 ist noch eine Zunahme der finanziellen Aufwendungen um 56% zu beobachten. Die Jahre mit den stärksten Zuwachsraten liegen im Zeitraum 2005 bis 2010 (62%). 
  • Bei den Fremdunterbringungen inklusive aller Hilfen für junge Volljährige sind die Ausgaben zwischen 2000 und 2005 zunächst nur mäßig gestiegen. Gegen Ende der ersten Dekade ist allerdings eine deutliche Zunahme der Ausgaben in diesem Bereich zu konstatieren. Insgesamt weisen die amtlichen Daten für den Zeitraum 2000 bis 2010 einen Ausgabenzuwachs von 30% aus. Zwischen 2010 und 2021 sind die Ausgaben um 77% gestiegen.
  • Der Anstieg der finanziellen Aufwendungen für die Fremdunterbringungen ging seit 2010 in einer Größenordnung von 0,48 Mrd. EUR auf die Vollzeitpflege – das entspricht einer prozentualen Zunahme von 57% – sowie von 2,14 Mrd. EUR auf die Leistungen der Heimerziehung (+71%) zurück (ohne Abb.). Betrachtet man nur die Heimerziehung, zeigt sich, dass diese insbesondere in den Jahren 2015 und 2016 mit einer Zunahme von 0,94 Mrd. EUR stark gestiegen ist (+24%). Nach einem leichten Rückgang in 2017 sowie einer Stagnation in 2018 und 2019 stiegen die Ausgaben für die Heimerziehung ab 2020 erneut. Im Jahr 2020 betrug der Anstieg 0,18 Mrd. EUR (+4%) und im Jahr 2021 0,11 Mrd. EUR (+2%).
  • Ein deutlicher Anstieg der Ausgaben ist in der zweiten Hälfte der letzten Dekade für die Hilfen für junge Volljährige auszumachen. Im Jahr 2018 wurden 1,39 Mrd. EUR für diese Ausgabenposition aufgewendet, 141 Mio. EUR (+11%) mehr als 2017 (ohne Abb.). Bereits zwischen 2016 und 2017 gab es einen deutlichen Anstieg der Aufwendungen um 367 Mio. EUR (+42%). In den letzten Jahren zwischen 2019 und 2021 zeigt sich jedoch ein Rückgang um 89 Mio. EUR (-7%), wobei die Zahlen im letzten Jahr minimal gestiegen sind. Betrachtet man den Zeitraum zwischen 2010 und 2021 haben die Aufwendungen für Hilfen für junge Volljährige um über 0,7 Mrd. EUR zugenommen und damit um 140%.

Betrachtet man nur die Entwicklung zwischen 2020 und 2021, so zeigt sich, dass die Ausgaben in allen Leistungsbereichen zugenommen haben, um 2% bei der Erziehungsberatung, um 6% bei den ambulanten Hilfen und um 2% bei der Fremdunterbringung. Richtet man den Blick auf die Fallzahlenentwicklung in diesem Zeitraum zeigt sich, dass nur die ambulanten Hilfen vermehrt in Anspruch genommen werden. Bei Erziehungsberatung und Fremdunterbringungen sinkt die Inanspruchnahme im Jahr 2021 im Vergleich zu 2020. Die Kosten für Hilfen zur Erziehung steigen somit auch in Leistungssegmenten, bei denen Fallzahlen im selben Zeitraum sinken.

ABB. 5.3:

Ausgaben für Hilfen zur Erziehung (einschl. der Hilfen für junge Volljährige) nach Leistungssegmenten (Deutschland; 2000 bis 2021; Angaben in 1.000 EUR)

Methodischer Hinweis: Da die Ausgaben für die Hilfen für junge Volljährige nicht den Hilfearten oder Leistungssegmenten zugeordnet werden, sind diese Aufwendungen bei der Darstellung dem Bereich der Fremdunterbringungen zugeschlagen worden.
Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Ausgaben und Einnahmen; versch. Jahrgänge; Datenzusammenstellung und Berechnungen der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik

54,3% der „HzE-Mittel“ werden für Heimerziehung ausgegeben

Eine der zentralen Weiterentwicklungen für die Unterstützung bzw. Ergänzung der familiären Erziehung in den letzten Jahren ist die Ausdifferenzierung der Hilfen zur Erziehung insbesondere im Bereich der ambulanten Leistungen. Hier hat das SGB VIII unterschiedliche pädagogische Settings rechtlich kodifiziert, ohne einen abschließenden Katalog festgeschrieben zu haben.5 Gleichwohl zeigt die Verteilung der Ausgaben (ohne die Ausgaben für Leistungen im Rahmen der Hilfen für junge Volljährige), dass mit 54,3% die Hälfte der finanziellen Aufwendungen für die Heimerziehung (einschließlich der betreuten Wohnformen) aufgewendet wird (vgl. Abb. 5.4). Damit wird etwa jeder zweite Euro für Leistungen der Hilfen zur Erziehung für die Heimerziehung und die betreuten Wohnformen eingesetzt. Die damit verbundenen 5,6 Mrd. EUR sind mit Abstand der größte Einzelposten in den Hilfen zur Erziehung. Zusammen mit der Vollzeitpflege liegt der Anteil der Ausgaben für die Fremdunterbringung von Kindern und Jugendlichen sogar bei 67%.

Zwischen 12% und 13% der finanziellen Aufwendungen insgesamt, ohne die Ausgaben für Hilfen für junge Volljährige, fließen einerseits in die Vollzeitpflege (13%) sowie andererseits in die Sozialpädagogische Familienhilfe (12%). Weitere 5% des Gesamtbudgets werden für die Finanzierung von teilstationären Hilfen, insbesondere in Tagesgruppen, und für flexible 27,2er-Hilfen jenseits des rechtlich kodifizierten Leistungskanons eingesetzt. Ambulante Leistungen wie die Soziale Gruppenarbeit oder die Erziehungsbeistandschaften weisen gerade einmal einen Anteil von 1 bis 4% an den Gesamtausgaben aus (vgl. Abb. 5.4).

Etwa 4% der insgesamt aufgewendeten 10,34 Mrd. EUR für die Hilfen zur Erziehung (ohne die Hilfen für junge Volljährige) werden entweder direkt für die Durchführung von Leistungen oder in Form einer institutionellen Finanzierung für die Erziehungsberatung ausgegeben.

Abb. 5.4:

Verteilung der Ausgaben für Hilfen zur Erziehung nach Hilfearten (ohne Hilfen für junge Volljährige) (Deutschland; 2021; Angaben in %)

Ausgaben
insgesamt
10,34 Mrd. EUR

Anmerkung: Die finanziellen Aufwendungen für die Hilfen für junge Volljährige werden hier nicht mitberücksichtigt. Zusammen mit den Ausgaben für die Hilfen für die jungen Volljährigen betragen die finanziellen Aufwendungen 11,59 Mrd. EUR (vgl. Abb. 5.2).
Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Ausgaben und Einnahmen 2021; Datenzusammenstellung und Berechnungen der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik

Länderunterschiede bei der Höhe der finanziellen Aufwendungen

Die Ergebnisse zu den finanziellen Aufwendungen für Strukturen und vor allem die Durchführung von Leistungen der Hilfen zur Erziehung sind trotz einheitlicher rechtlicher Grundlagen durch erhebliche regionale Unterschiede gekennzeichnet. Die Höhe der Ausgaben divergiert allein bei einer Gegenüberstellung der Ergebnisse der Länder nahezu um das Vierfache (vgl. Abb. 5.5), wie die folgenden Ergebnisse zeigen:

  • Im Ländervergleich variiert die Höhe der finanziellen Aufwendungen für die Hilfen zur Erziehung zwischen 411 EUR pro unter 21-Jährigen in Bayern und 1.557 EUR im Stadtstaat Bremen. Damit variieren die „Pro-Kopf-Ausgaben“ zwischen den genannten Bundesländern um den Faktor 3,8.
  • Nicht zuletzt, weil in den Stadtstaaten tendenziell mehr Leistungen der Hilfen zur Erziehung in Anspruch genommen werden als in den Flächenländern (vgl. Kapitel 4), ist es sinnvoll, auch bei den Ergebnissen zu den Ausgaben für diesen Bereich eine entsprechende Unterscheidung vorzunehmen. Dabei variiert im Verhältnis zu den unter 21-Jährigen die Ausgabenhöhe in den Stadtstaaten zwischen 874 EUR (Berlin) und 1.557 EUR (Bremen), während in den Flächenländern eine Schwankungsbreite zwischen 411 EUR (Bayern) und 909 EUR (Sachsen-Anhalt) zu konstatieren ist.
  • Innerhalb der Flächenländer fällt das Ergebnis für Sachsen-Anhalt um 37 EUR pro unter 21-Jährigen höher aus als der Wert für Brandenburg mit 872 EUR, der an zweiter Stelle steht. Es folgen mit 861 EUR Nordrhein-Westfalen bzw. mit 785 EUR das Saarland; dahinter stehen Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern mit jeweils 784 EUR. Es folgt Niedersachsen mit 768 EUR. Weniger als 750 EUR pro unter 21-Jährigen fallen demgegenüber in Sachsen, Hessen, Schleswig-Holstein, Thüringen, Baden-Württemberg und Bayern an. Diese Verteilung korrespondierte in den letzten Jahren an vielen Stellen mit der Höhe der Inanspruchnahme von Leistungen der Hilfen zur Erziehung, insbesondere mit der Höhe der Fremdunterbringungen (vgl. Kapitel 2)5 Das heißt: Bei einer hohen Inanspruchnahme von Leistungen der Hilfen zur Erziehung in einem Bundesland ist tendenziell von höheren finanziellen Aufwendungen für dieses Arbeitsfeld auszugehen.
  • Auch die Entwicklung der Ausgaben zwischen 2020 und 2021 unterscheidet sich stark zwischen den Bundesländern. Hier reicht die Spannweite von -1% in Bremen bis zu +9% in Thüringen. Die meisten Länder haben ihre Ausgaben für Hilfen zur Erziehung im Vergleich zum Vorjahr gesteigert. Nur in zwei Ländern, Bremen und Bayern, sind die Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr gesunken.
ABB. 5.5:

Ausgaben für Hilfen zur Erziehung (einschl. der Hilfen für junge Volljährige) (Länder; 2021; Angaben pro unter 21-Jährigen)

Anmerkung: Zur Berechnungsgrundlage der finanziellen Aufwendungen für die Bundesländer siehe auch den methodischen Hinweis zu Abb. 5.2.
Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Ausgaben und Einnahmen 2021; Datenzusammenstellung und Berechnungen der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik

Erkenntnisse und Perspektiven

Jugendämter in Deutschland haben im Jahre 2021 11,59 Mrd. EUR für die Hilfen zur Erziehung und die Hilfen für junge Volljährige ausgegeben. Diese Summe entspricht einem Anteil von 19% an den Gesamtaufwendungen für Leistungen und Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe insgesamt. Im Verhältnis aller in Deutschland lebenden jungen Menschen im Alter von unter 21 Jahren entsprechen die zuletzt erfassten Jahresausgaben einem Betrag von 713 EUR pro jungem Menschen. Im Jahre 2000 lag dieser Wert noch bei 257 EUR.

Die Höhe der finanziellen Aufwendungen ist allerdings regional in hohem Maße unterschiedlich. Während für Deutschland insgesamt die Ausgaben pro unter 21-Jährigen für Strukturen und vor allem Leistungen der Hilfen zur Erziehung bei den besagten 713 EUR liegen, variiert dieser Wert zu den „Pro-Kopf-Ausgaben“ im Vergleich der Flächenländer zwischen 411 EUR in Bayern und 909 EUR in Sachsen-Anhalt. In den Stadtstaaten fällt diese Kennzahl höher aus. Im Stadtstaat Bremen werden – statistisch betrachtet – rund 1.557 EUR pro unter 21-Jährigen ausgegeben.

Der Anstieg der finanziellen Aufwendungen für das Arbeitsfeld der Hilfen zur Erziehung verteilt sich nicht gleichermaßen auf die Leistungssegmente und die Hilfearten. Während insbesondere für die Erziehungsberatung die Ausgabenzuwächse zwischen 2000 und 2021 vergleichsweise bescheiden ausfallen, sind vor allem die finanziellen Aufwendungen für die ambulanten Leistungen in der ersten Dekade der 2000er-Jahre – aber auch schon in den 1990er-Jahren – deutlich und kontinuierlich gestiegen. Die zweite Dekade zeichnete sich zeitweise dadurch aus, dass im Bereich der Fremdunterbringungen die Ausgaben für die Vollzeitpflege und insbesondere für die Heimerziehung sowie anschließend auch für die Hilfen für junge Volljährige deutlich zugenommen haben. Zwischen 2017 und 2018 wurden jedoch aufgrund rückläufiger Bedarfslagen für unbegleitete ausländische Minderjährige gegenüber dem Vorjahr6 sinkende Ausgabenwerte ausgewiesen. Nach einer kurzen Stagnation im Jahr 2019 stiegen die Werte in 2020 und 2021 erneut an.

Da ein Großteil der Kosten bei den Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe auf den Posten Personal entfällt, ist der Anstieg der finanziellen Aufwendungen für Hilfen zur Erziehung neben der leicht höheren Inanspruchnahme zum Vorjahr höchstwahrscheinlich auf die Entwicklung der Personalzahlen sowie der Personalkosten zurückzuführen. Zwar liegen für das Jahr 2021 keine Personalzahlen vor, in der Vergangenheit zeigte sich jedoch ein Zusammenhang zwischen Personalkosten und Ausgaben. So ist davon auszugehen, dass wie schon in den Vorjahren die Vollzeitäquivalente in den Hilfen zur Erziehung seit 2018 weiter steigen (vgl. Kapitel 1).

Literatur:

Deutscher Bundestag (2013): 14. Kinder- und Jugendbericht. Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland. Drucksache 17/12200, Berlin 2013.

Fendrich, S./Pothmann, J./Tabel, A. (2021): Monitor Hilfen zur Erziehung 2021, Dortmund.

Schilling, M. (2011): Der Preis des Wachstums, In: Th. Rauschenbach, M. Schilling (Hrsg.), Kinder- und Jugendhilfereport 3, Weinheim und München, S. 67-86.

Tabel, A./Frangen, V. (2023): Konsolidierung der Hilfen zur Erziehung im Jahr 2021. In: KomDat Jugendhilfe, 25. Jg., H. 3, S. 4-7.

Wiesner, R./Schmid-Obkirchner, H. (2015): SGB VIII, Vor § 27, 4. Aufl., München 2015.

  1. Die rund 14,05 Mrd. EUR sind entnommen aus der Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes zu den Ausgaben und Einnahmen der Kinder- und Jugendhilfe 2021 – siehe hierzu auch Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Ausgaben und Einnahmen 2021, Tabelle 1 (www.destatis.de). Dieser von den 11,59 Mrd. EUR abweichende Betrag ergibt sich durch erstens das Einrechnen der Ausgaben für Maßnahmen der vorläufigen Schutzmaßnahmen (§ 42 SGB VIII) sowie der finanziellen Aufwendungen für Leistungen der Eingliederungshilfen bei einer (drohenden) seelischen Behinderung (§ 35a SGB VIII). Zweitens ist zu beachten, dass das Statistische Bundesamt bei den Ausgaben für die Hilfen zur Erziehung, die Eingliederungshilfen sowie die Hilfen für junge Volljährige die Aufwendungen für Einrichtungen der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatungsstellen nicht mitberücksichtigt.
  2. Im Kontext der Umstellung und des damit einhergehenden „Ressourcenverbrauchskonzept“ als eine der zentralen Leitlinien der doppischen Haushaltsführung werden auch den Produkten der Hilfen zur Erziehung Kosten zugeordnet, die bis zum Zeitpunkt der jeweiligen Umstellung in der Kommune in der Regel nicht berücksichtigt worden sind. Dies kann mit zu dem Anstieg der finanziellen Aufwendungen für Leistungen der Hilfen zur Erziehung, aber auch anderer Strukturen und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe beigetragen haben, ohne dass real mehr Ausgaben seitens der Kommune für diesen Leistungsbereich aufgewendet worden wären (vgl. Schilling 2011, S. 71f.). Solche Effekte sind vermutlich häufiger für den Zeitraum zwischen Mitte der 2000er-Jahre und Anfang der 2010er-Jahre zu vermuten, ohne dass sie sich allerdings empirisch mit der KJH-Statistik nachweisen lassen. In diesem benannten Zeitraum haben die meisten Länder von der Kameralistik auf die Doppik umgestellt.
  3. Vgl. Deutscher Bundestag 2013, S. 334ff.
  4. Tabel/Frangen 2023
  5. Vgl. Wiesner/Schmid-Obkirchner 2015, S. 455
  6. Vgl. Fendrich/Pothmann/Tabel 2021