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4. Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung im Spiegel lokaler Unterschiede

4.4 Veränderungen der Inanspruchnahme im Zeitverlauf

Die Karte (Abb. 4.4zeigt die prozentuale Veränderung der Inanspruchnahmepunkte zwischen den Jahren 2019 und 2020. Da bevölkerungsrelativierte Werte verglichen werden, geht aus der Abbildung nicht die zugrundeliegende absolute Zahl der Hilfen hervor.

Der insgesamt zwischen 2019 und 2020 verzeichnete Rückgang der Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung prägt sich lokal sehr unterschiedlich aus. Die meisten Jugendamtsbezirke (72%) verzeichnen Hilfezahlen, die nur geringfügig um nicht mehr als 10% in die eine oder andere Richtung vom Vorjahreswert abweichen. Bei den meisten dieser Jugendämter sinkt jedoch die Anzahl an Hilfen im Vergleich zum Vorjahr. Einen stärkeren Rückgang der Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung um mehr als 10% verzeichnen 113 weitere Gebiete; in acht Gebieten ist der Rückgang sogar größer als 30%.
Jedoch gibt es ebenso Jugendamtsbezirke, bei denen im Vergleich zum Vorjahr mehr Hilfen zur Erziehung in Anspruch genommen werden. Einen Anstieg von 10% bis unter 50% verzeichnen 40 Jugendämter. In 6 Jugendamtsbezirken sind die Hilfen um mindestens 50% gestiegen.

ABB. 4.4:

Veränderung der Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung (ohne Erziehungsberatung) von 2019 bis 2020 (Deutschland; 2019, 2020; Prozentuale Veränderung der Inanspruchnahmequote – Aufsummierung der zum 31.12. des jeweiligen Jahres andauernden und der innerhalb des Jahres beendeten Hilfen; relativiert zur Zahl der unter 21-Jährigen im jeweiligen Jahr)

Lesebeispiel: In den hellblau gefärbten Jugendamtsbezirken ist die Zahl der Hilfen zur Erziehung im Verhältnis zur unter 21-jährigen Bevölkerung im Jahr 2020 im Vergleich zum Jahr 2019 um mehr als 10 Prozent gesunken.
Quelle: FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder; Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Erzieherische Hilfe, Eingliederungshilfe, Hilfe für junge Volljährige 2019, 2020; DOI: 10.21242/22517.2020.00.00.1.1.0; Datenzusammenstellung und Berechnungen der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik

Methodische Hinweise

Datengrundlage

Als Datengrundlage dienen die Mikrodaten der KJH-Statistik für das Erhebungsjahr 2020 auf Ebene der Jugendamtsbezirke. Es fließen die Daten von allen 558 am Jahresende 2020 bestehenden Jugendamtsbezirken ein.

Bevölkerungszahlen

Als Referenzwerte dienen die Daten der Bevölkerungsstandstatistik des Statistischen Bundesamtes zum 31.12.2020 aus der Fortschreibung des Zensus von 2011. 

Extremwerte

Um „Extremwerte“ zu identifizieren, werden die Daten zunächst in eine Rangfolge gebracht und danach in 3 Teile aufgeteilt: die niedrigsten 25%, die mittleren 50% und die höchsten 25% der Werte. Die bei 25% und 75% liegenden Werte dienen dann als Berechnungsgrundlage: Der Abstand zwischen beiden Werten wird zunächst mit 3 multipliziert. Als Extremwerte werden dann diejenigen Werte bezeichnet, die entweder unterhalb des 25 %-Wertes minus der dreifachen Spannweite oder oberhalb des 75 %-Wertes plus der dreifachen Spannweite liegen. Dabei handelt es sich um ein gebräuchliches Verfahren (vgl. Müller-Benedict 2011, S. 99), das allerdings keine Aussage zu der Frage zulässt, wie es zu solchen „Extremwerten“ kommen konnte. So ist anhand der Daten nicht ersichtlich, ob die tatsächliche Hilfegewährungspraxis unterschiedlich ist oder ob diesen Werten evtl. ein unterschiedliches Verständnis oder Ausfüllverhalten der Statistikbogen zugrunde liegt. 

Bestimmung der Intervalle

Die Intervalle, nach denen die 5 Kategorien zusammengestellt und die „Farben“ auf der Kartendarstellung bestimmt werden, werden in jedem Jahr anhand der aktualisierten Datenbasis neu berechnet. Die Karten der verschiedenen Jahre sind daher nicht unmittelbar vergleichbar! Dazu werden zunächst die „Extremwerte“ bestimmt (s. o.) und danach der Wertebereich zwischen den verbleibenden Minimal- und Maximalwerten. Diese „Spannweite“ wird durch 5 geteilt und ergibt – aus Übersichtsgründen gerundet – das Intervall. Die Obergrenze der ersten Kategorie ergibt sich aus dem ebenfalls gerundeten Minimalwert plus der Spannweite. Nach Festlegung der Kategorien werden die „Extremwerte“ wieder mit einbezogen, sodass in der ersten Kategorie auch Ausreißer nach unten und in der fünften Kategorie auch Ausreißer nach oben enthalten sind. 

Variationskoeffizient

Der Variationskoeffizient wird berechnet, indem die Standardabweichung durch das arithmetische Mittel geteilt wird. Durch diese „Normierung“ lässt sich die Varianz von Werten in unterschiedlichen Wertebereichen vergleichen. Je höher der Variationskoeffizient ist, desto größere Unterschiede sind innerhalb einer Kategorie festzustellen. Je kleiner der Variationskoeffizient ist, desto ähnlicher sind die Werte innerhalb einer Kategorie.

Literatur:

Müller-Benedict, V. (2011): Grundkurs Statistik in den Sozialwissenschaften. Eine leicht verständliche, anwendungsorientierte Einführung in das sozialwissenschaftlich notwendige statistische Wissen. 5. Aufl., Wiesbaden.